Der Graus eines jeden Online-Händlers: Das Widerrufsrecht
Online gekaufte Ware kann innerhalb von 14 Tagen, ohne Angabe von Gründen, bequem zurückgeschickt werden. Und über einen Warenwert von 40 Euro trägt die Rücksendekosten auch noch der Händler. Online-Shopping macht das möglich, aber nicht mehr lange. Denn zum 13.06.2014 wird voraussichtlich in Deutschland das neue in Europa einheitliche Widerrufsrecht mit einer neuen Widerrufsbelehrung in Kraft treten.
Ziel der EU-Verbraucherrechterichtlinie ist unter anderem ein einheitliches Verbraucherrecht in der Europäischen Union, welches dem Prinzip der Vollharmonisierung folgt. Das bedeutet, dass die Mitgliedstaaten genau dieser Regelung folgen müssen und kaum Spielräume für nationale Sonderregelungen haben. Dies führt zu mehr Rechtssicherheit und Unternehmen haben die Chance, das Potenzial, das im europäischen Binnenmarkt liegt, stärker zu nutzen.
Für den Online-Handel relevante Änderungen:
Widerrufsfrist: wird in ganz Europa auf 14 Tage vereinheitlicht. Die Frist beginnt an dem Tag, an dem der Verbraucher die Ware erhalten hat. In vielen EU-Ländern beträgt die Widerrufsfrist zur Zeit sieben Werktage.
Frist bei Nichtaufklärung über das Widerrufsrecht: Wenn der Händler den Verbraucher nicht über das Widerrufsrecht belehrt, dann beträgt die Frist zukünftig 12 Monate (bisher „unendliches“ Widerrufsrecht).
Kein Rückgaberecht: Es wird kein Rückgaberecht mehr geben (bisher hat der Shopbetriber die Wahl, ob er den Käufern das Rückgaberecht oder das Widerrufsrecht einräumen möchte).
Button-Lösung: Der Verbraucher muss darüber informiert werden, welche Waren oder Dienstleistungen er im Detail einkauft und welche Gesamtkosten auf ihn zukommen. Der Online-Händler ist zum einen verpflichtet darauf hinzuweisen, dass Kosten anfallen, zum anderen muss er sich die Inkenntnisnahme des Kunden bestätigen lassen. Diese Bestätigung kann mit Hilfe einer Schaltfläche erfolgen.
Diese Regelung soll den Kunden vor Abzockern schützen, denn bei unseriösen Angeboten wird im Normalfall auf ausdrückliche Preisangaben verzichtet. (Beispiel: Abo-Fallen)
Diese Regelung wurde in Deutschland bereits seit dem 1.August 2012 eingeführt.
Erklärung des Widerrufs vom Verbraucher: Um von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, muss der Verbraucher den Online-Händler vor Ablauf der Widerrufsfrist über den beabsichtigten Widerruf informieren. Darin muss der genaue Grund angegeben werden, warum der Verbraucher die Ware zurücksenden möchte, was bisher nicht nötig ist. Das kann entweder durch Gebrauch des vom Verkäufers bereitzustellenden Muster-Widerrufsformulars oder auch durch eine andere eindeutige Erklärung per E-Mail, Fax, Brief oder auch telefonisch erfolgen.
Online-Widerrufsformular: Neu ist auch die Möglichkeit, das der Online-Händler auf seiner Internetseite ein Formular bereitstellen kann, mit dem der Verbraucher den Widerruf direkt erklären kann. Der Händler muss dann nach Erhalt sofort eine Bestätigungs-E-Mail an den Verbraucher schicken.
Diese Variante ist für beide Parteien ideal. Der Kunde kann ohne großen Aufwand von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen und der Shopbetreiber kann diese Informationen gut analysieren und je nach Reklamationsgrund kundenorientiert reagieren.
Ausnahmen vom Widerrufsrecht: Es gibt einige Waren die vom Widerrufsrecht befreit sind, zum Beispiel:
- versiegelte Waren, die zum Beispiel aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde. Das Siegel muss als solches vom Online-Händler kenntlich gemacht werden. Welche Produkte genau darunter fallen muss noch rechtlich geklärt werden.
- Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde
- Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind
- Waren, die nach der Lieferung aufgrund ihrer Eigenart untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden (Bsp. Heizöl)
Rückabwicklung des Kaufvertrages: Der Online-Händler muss innerhalb von 14 Tagen ab Widerruf den Kaufpreis einschließlich der Hinsendekosten dem Verbraucher zurückerstatten (bisher: 30 Tage). Allerdings kann der Online-Händler von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen, bis er die Ware zurückerhalten hat oder der Verbraucher einen Nachweis erbracht hat, dass er die Ware zurückgeschickt hat.
Der Verbraucher hat demzufolge ebenfalls eine Frist, innerhalb von 14 Tagen die Ware unverzüglich zurückzuschicken.
Für die Rückzahlung muss der Online-Händler die gleiche Zahlungsart wählen, die der Kunde zuvor eingesetzt hat. Es sei denn, mit dem Verbraucher wurde vorher was anderes vereinbart.
Verbraucher trägt die Rücksendekosten: Bisher musste der Online-Händler Rücksendekosten ab einen Warenwert von über 40 Euro tragen. Doch nach der neuen Regelung muss zukünftig der Verbraucher für die Rücksendekosten aufkommen, außer der Online-Händler hat sich bereit erklärt diese zu tragen. Allerdings muss der Online-Händler dem Verbraucher genau darauf hinweisen, dass der Verbraucher die Rücksendekosten trägt.
Keine erhöhte Kosten für zusätzliche Zahlungsarten: Der Online-Händler darf vom Verbraucher nur noch Zuschläge für bestimmte Zahlungsarten verlangen, wenn er selbst erhöhte Kosten hat. Er darf nur die tatsächlich anfallenden Kosten verlangen und darf nicht mit Zuschlägen mitverdienen.
Längste Lieferdauer: Der Online-Händler muss innerhalb von 30 Tagen liefern, sonst kann der Kunde ab dem 31. Tag die Bestellung stornieren.
Wertersatz: Wertersatz schuldet der Verbraucher nach einem Widerruf dann, wenn der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der nicht zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren notwendig war.
Das EU-Widerrufsbelehrungsmuster: Der Online-Händler muss den Verbraucher über die Möglichkeit und die richtige Durchführung des Widerrufs informieren. Es wird eine neue EU-Musterbelehrung geben. Um keine unnötigen Abmahnungen zu riskieren, sollten Händler sich streng an der neuen EU-Musterbelehrung zu orientieren.
Der Nachteil hier liegt in dem Aufwand, detailliert über das Widerrufsrecht zu informieren. Die Frage, wie über das Widerrufsrecht zu belehren ist, hängt von der Art der Bestellung, der Art der Ware und der Höhe der Rücksendekosten ab.
Bei nicht paketversandfähiger Ware (z.B. Speditionsware), muss der Verkäufer die genauen Rücksendekosten in der Widerrufsbelehrung angeben oder zumindest schätzen, wenn er nicht anbietet, die Rücksendekosten selbst zu tragen. Bei versandfähigen Waren reicht der Hinweis: „Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren“.
Kontaktaufnahme des Verbrauchers mit dem Onlinehändler: In der Widerrufsbelehrung müssen ebenfalls Informationen darüber enthalten sein, wie der Verbraucher mit dem Online-Händler in Kontakt treten kann.
Der Kunde muss zukünftig die Möglichkeit haben, nach Vertragsschluss über eine Kundenhotline (Festnetztarif oder kostenlos) mit dem Händler in Kontakt treten zu können. Diese Telefonnummer muss deutlich gekennzeichnet sein .
Neue EU-Widerrufsbelehrung verspricht viel Gutes für Online-Händler
Die Neuregelungen müssten vielen Online-Händlern sehr entgegenkommen. Es gibt allerdings auch einige Pflichten, die der Online-Händler befolgen muss, um nicht abgemahnt zu werden. Der 13.06.2014 liegt zwar noch in weiter Ferne, dennoch sind Online-Händler gut beraten, sich so früh wie möglich mit dem notwendigen und bereits jetzt im Kern feststehenden Richtlinien zu beschäftigen und ihren Shop und ihre Software rechtzeitig auf den Stand zu bringen. Denn neben der EU-Verbraucherrechterichtlinie tritt ab dem 1. Februar 2014 die SEPA in Kraft, die den bargeldlosen Zahlungsverkehr innerhalb des Euro-Raums vereinheitlicht.